Experimentelle Psychologie: Das Stanford-Prison-Experiment
Versuchsleiter des Stanford-Prison-Experiments
Der damalige Versuchsleiter war der US-amerikanische Stanford-Professor für Psychologie Philip Zimbardo. Er gründete außerdem die Shyness-Clinic in Kalifornien, in welcher schüchternen Kindern und Erwachsenen mit psychologischem Wissen geholfen werden soll. Er war Gutachter in einem Folterskandal und sprach sich im Prozess für den Angeklagten aus, mit der Begründung seiner Ergebnisse im Stanford-Prison-Experiment. Außerdem stellte er die These auf, dass Jungen und Männer in ihrer Entwicklung massiv durch den Konsum von Pornografie und Videospielen beeinträchtig werden würden. Dazu schrieb er ein umstrittenes Buch und trat auch in TV-Shows auf.
Inhalt des Stanford-Prison-Experiments
Der Versuchsleiter Philip Zimbardo hatte die Absicht, das Verhalten von Menschen in einer simulierten Gefängnissituation, sprich in Gefangenschaft zu beobachten. Er wollte herausfinden, inwieweit stereotypes Auftreten zu beobachten sei oder inwiefern sich im Experiment andere Verhaltensweisen als in einem richtigen Gefängnis zeigten. Zu diesem Zweck sollte das Gefängnisleben so authentisch wie möglich nachgestellt werden.
Wahl der Teilnehmer des psychologischen Experiments
In einer Zeitungsannonce wurde inseriert, dass ein Studentenjob zu vergeben wäre mit $15,00 Entlohnung pro Tag. 70 Studenten meldeten sich. Mit diesen Bewerbern wurden diagnostische Interviews und Persönlichkeitstests durchgeführt. 24 davon wurden im Anschluss ausgewählt, die ein normales, durchschnittliches Ergebnis hinsichtlich ihrer Konstitution geliefert hatten und aus der amerikanischen Mittelschicht stammten. Durch das Zufallsprinzip, in diesem Fall mittels Münzwurfs, wurden die Teilnehmer in Gefangene und Wärter eingeteilt. Vor Beginn des Experiments unterschrieben die Gefangenen, auf einige ihrer Grundrechte während der Zeit im Gefängnis zu verzichten. Um die Situation so echt wie möglich darzustellen, wurden die Gefangenen ein paar Tage später von echten Polizisten mit dem Vorwurf eines Raubüberfalls festgenommen.
Schaffung der entsprechenden äußeren Bedingungen
Auf der Polizeiwache wurden die Verhafteten über ihre Rechte aufgeklärt, ihre Personalien wurden aufgenommen und sie warteten in speziellen Zellen mit verbundenen Augen auf die Überführung ins Gefängnis.
Das Gefängnis befand sich im Keller der Stanford Universität. Es bestand aus drei eigens dafür hergerichtete Zellen mit Gitterstäben, einem Kellerflur, der als Gefängnishof diente und einem sogenannten Loch zur Einzelhaft. In den Zellen befanden sich Kameras und die Möglichkeit, die Gefangenen abzuhören.
Ablauf und Entwicklung des psychologischen Experiments
Die Wärter trugen Uniformen, Gummiknüppel und Sonnenbrillen, wodurch ein tatsächlicher Augenkontakt nicht möglich war. Die Gefangenen wurden begrüßt, entlaust, in unbequeme Gefängniskleidung ohne Unterwäsche gesteckt und jeweils zu dritt in sehr enge Zellen mit jeweils drei Pritschen inhaftiert. Ein Klo gab es nur auf dem Flur, so dass die Wärter bei nötigen Gängen um Erlaubnis gefragt werden mussten. Die Inhaftierten hatten Nummern auf ihre Kittel genäht bekommen, über die sie identifiziert und auch angesprochen wurden. Um den Fuß trugen sie eine schwere Fußfessel.
Die Wärter durften Regeln selbst erarbeiten und bestimmen. Sie hatten für Ordnung und Einhaltung der Regeln zu sorgen.
Bereits am 2. Versuchstag gab es den ersten Aufstand der Gefangenen, der von den Wärtern mit dem Versprühen von eiskaltem Kohlendioxid in den Zellen niedergeschlagen wurde. Zur Strafe bekamen die Gefangenen nichts zu essen, ihre Betten verschwanden aus den Zellen und sie durften nach 22:00 nicht mehr auf die Toilette, sondern mussten die Eimer in ihren Zellen benutzen. Der sich verbreitende Kot- und Uringestank trug weiterhin zur Demoralisierung bei. Wärter griffen immer schneller und härter durch. Manche Gefangenen wurden von ihnen bevorzugt behandelt. Die Gefangenen trauten einander nicht mehr und wurden zunehmend depressiv.
Das Experiment geriet immer weiter außer Kontrolle. Es gab emotionale Zusammenbrüche, somatische Beschwerden und weitere Stressreaktionen unter den Gefangenen. Obendrein fanden immer weitere Übergriffe durch die Wärter statt.
Beurteilung des psychologischen Experiments
Der Versuchsleiter Zimbardo begründete die Entwicklung folgendermaßen: „In die situativen Kräfte sind eine Reihe von Faktoren eingeflossen, von denen keiner für sich genommen sonderlich dramatisch war, die jedoch zusammen eine machtvolle Synthese bildeten.“
Summe der Faktoren:
- Anonymität und Deindividuation
- Macht der Regeln und Vorschriften
- Rollen und Verantwortung für Übertretungen
- Kognitive Dissonanz
- Bedürfnis sozialer Billigung
Fazit
Das Experiment zeigt, wie beeinflussbar die menschliche Psyche ist und wie normale, friedfertige Menschen umgehend in die Lage versetzt werden, Macht auszuüben und zu missbrauchen (Wärter). Und ebenso die anderen, die sich der Demütigung und Erniedrigung ausgesetzt sehen, obwohl sie wissentlich an einem Experiment teilgenommen haben. Selbst der Versuchsleiter Zimbardo gibt an, dass er Rollenverhalten angenommen hätte und keine neutrale Sicht mehr auf seinen eigenen Versuch wahren konnte. Ist so ein Experiment überhaupt ethisch korrekt? Kann ein Teilnehmer vorab überhaupt einschätzen, was auf ihn zukommt? Ist es trotzdem nicht auch wichtig herauszufinden, wie leicht beeinfluss- und manipulierbar der Mensch an sich doch ist?
Zum Stanford-Prison-Experiment wurde ein Film mit dem Titel Das Experiment gedreht, der unter die Haut geht.
Ein Jahr später wurden alle Beteiligten erneut untersucht. Es konnten keine psychischen Folgeschäden festgestellt werden.
Überblick: