Buch-Empfehlungen „Psychologie“

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Ein psychologisches Prinzip: Reziprozität

„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, „Wie du mir, so ich dir“, „Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus“ oder „Das Leben ist ein Geben und Nehmen“: Diese und viele weitere Sprichwörter und Redewendungen umschreiben das Gesetz der Reziprozität im deutschen Sprachgebrauch. Es ist ein Begriff aus der Psychologie und Soziologie, wird jedoch aufgrund seiner immerwährenden Aktualität in vielen weiteren Bereichen, vor allem im Leadmarketing  beim Verkaufen und in der Verhandlungsführung genutzt. Reziprozität ist ein uraltes Prinzip, das seit Anbeginn der Menschheit existiert, in ihre Psychologie als fester Bestandteil hineingewoben ist und den Menschen als sozial abhängiges Wesen charakterisiert.

Woher kommt der Begriff der Reziprozität?

Der Begriff der Reziprozität leitet sich von den lateinischen Wörtern reciprocare oder reciprocus ab und hat folgende Bedeutungen: zueinander in Beziehung stehend, voneinander abhängig sein, sich aufeinander beziehend, wechsel- und auch gegenseitig. Das Prinzip der Reziprozität kann somit übersetzt auch als das Prinzip der Gegenseitigkeit bezeichnet werden.

Das Prinzip der Reziprozität im sozialen Miteinander

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Durch Geschenke und Aufmerksamkeiten schließt, verfestigt und pflegt er Verbindungen. Das war schon immer so. Seien es die Geschenke, die vom fürstlichen Botschafter an das benachbarte Königreich gebracht wurden, die Mitgifttruhe oder Brautgeschenke zur Eheschließung, Gaben zur Geburt von Kindern, Geschenke anlässlich des Geburtstages oder Firmenjubiläums des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, Blumen für die Partnerin, das Kochen für Freunde an einem entspannten, gemeinsamen Abend, kleine Mitbringsel für den Gastgeber, Werbegeschenke an Kunden, die Tasse Milchkaffee in einem Geschäft oder das Amuse-Gueule als kleiner Gruß aus der Küche im Restaurant – die Arten und die Möglichkeiten des Schenkens sind unendlich. Wenn Menschen ein Geschenk erhalten, entstehen natürlich Gefühle der Freude und der Dankbarkeit. Der Beschenkte fühlt sich wertgeschätzt und gesehen. Gleichzeitig läuft jedoch auch das innere Muster einer gefühlten Gegenseitigkeit ab. Denn wer etwas geschenkt bekommt, hat das Bedürfnis etwas zurückzugeben oder zurückzuschenken. Oftmals erwartet der Schenkende meistens bewusst oder unbewusst eine Gegenleistung. So kommt es vor, dass sich der Kunde in dem Geschäft, in welchem er den Milchkaffee genossen hat, verpflichtet fühlt, etwas zu kaufen. Oder der Freund überlegt beim nächsten Geburtstag ein gleichwertiges Geschenk zu kaufen.

Anwendung des Prinzips der Reziprozität

Wer um das Prinzip der Reziprozität weiß, kann es natürlich anwenden. Das gelingt in beide Richtungen.

Das heißt einerseits, der Kunde oder Beschenkte kann sich während des Kaufprozesses über die Mechanismen der Reziprozität bewusst werden und sich ganz klar gegen ein schlechtes Gewissen bzw. gegen eine Kaufhandlung entschließen. Ebenso liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Privatperson, bspw. die Möglichkeit eines selbstgemachten, persönlichen Geschenks zu wählen und aus dem Prinzip der Reziprozität auszusteigen.

Andererseits können Verkäufer, Verhandler, Marketingmanager und ganz allgemein Geschäftsleute etc. das Prinzip der Reziprozität für ihr Business nutzen. Ganz bewusst können Give aways, freie Getränke, Werbegeschenke, Zugaben, Willkommensboni etc. genutzt werden, um den Kunden in eine gewisse Abhängigkeit zu führen. Mit diesen Aspekten beschäftigt sich der Blogartikel Reziprozität im Leadmarketing.

Auch in der Politik wird das Prinzip der Reziprozität genutzt, ebenso wie in kriminellen Kreisen. Manches Mal kommt ans Tageslicht, wie versucht wird, mit großen Geldsummen oder überteuerten Geschenken Schweigen oder Zustimmung zu erkaufen. Die Versuchung ist groß und der Mechanismus in der menschlichen Natur angelegt. Da braucht es viel Standfestigkeit, Moral, Wertefixierung und Prinzipientreue, um den Versuchungen zu widerstehen.

Fazit

Der Begriff der Reziprozität klingt im ersten Moment komplizierter als er ist. Es handelt sich um das Prinzip der Gegenseitigkeit und der Wechselbeziehungen im menschlichen Miteinander. Der Mensch als soziales Wesen hat die Reziprozität fest in seiner Psychologie verankert. Wie immer kann solches Wissen genutzt werden, um eigene Vorteile daraus zu ziehen, wobei an einem kostenlosen Kaffee, einem Probeexemplar oder einem liebevoll gemeinten Geschenk sicher nichts Verwerfliches zu finden ist. Es kommt auch hier auf die Absicht und das Maß an. Es ist schließlich die ureigenste Aufgabe des Verkäufers, einen Kunden zum Kauf zu animieren. Genau wie man den Menschen, die einem am Herzen liegen, auch gerne beschenkt. Problematisch wird das Prinzip der Reziprozität erst dann, wenn es zu fiesen Manipulations- oder Einschüchterungszwecken genutzt wird. Ein bewusster Mensch hat aber immer die Möglichkeit, sich dagegen zu entscheiden.